Nachts war es wieder enorm windig. Wir kuschelten uns in unsere gemütlichen Betten und genossen’s! 🙂 Unser kleines Haus ist einfach ein Traum!!
Am Morgen windet es noch immer kräftig, aber der Wind ist geradezu „warm“, denn die Sonne gibt ein intensives Gastspiel. Ich öffne die Terrassentür zu folgendem herrlich strahlenden Ausblick:

Die Sonne scheint so wunderbar, wir könnten sogar windgeschützt auf der Terrasse frühstücken. Irgendwie sind wir aber zu faul, alles von der Küche die 3 m hinaus zu tragen, also lassen wir beim Frühstück wenigstens die Tür offen stehen. So ist die Mahlzeit ein Hochgenuss, den wir in völligem Frieden genießen.
Danach duschen Elias und ich nochmal, einfach, weil wir können und dürfen. ? Und eilig haben wir’s heute nicht, da ich die geplante Tageswanderung gestrichen habe; dazu später mehr.
Da der (wohltemperierte) Wind mich begeistert, beschließe ich, direkt ab unserer Hütte noch ein Ründchen die Gegend zu erkunden. Die Grasdach-Hütten kuscheln sich so richtig ins Gelände, finde ich.
Die beiden nassen Handtücher nehme ich mit auf meinen kleinen Spaziergang, einfach lose in der Hand flatternd, und bis ich zurück komme, sind sie tatsächlich relativ trocken geweht. ?
Vor uns liegt noch der Rest des Atlanterhavsveien. Davor halten wir aber nochmals kurz an – gleich an unserer gestrigen Abzweigung von der „Haupt“straße in Farstad habe ich gestern aus den Augenwinkeln ein Stückchen schönen Sandstrand erspäht, das ich mir gern näher ansehen will.
Der Strand heißt „Farstadstranda“ (wer hätte es auch gedacht), und siehe da, wieder mal ein Superlativ 🙄 : Es handelt sich laut einem Naturreservat-Schild um
„… das weltweit nördlichste Sanddünengebiet der südlichen Form.“
Was auch immer das heißen mag. Dass der Strand sich von Ost über Süd nach West erstreckt vielleicht? Das tut er nämlich. Aufklärung erbeten…
Jedenfalls rollt neben uns auf dem Parkplatz ein freakiges Gefährt ein:

Was mag das bunt Umstrickte auf dem Dach sein? Logisch eigentlich: Surfbretter. Die beiden Jungs und das Mädel machen sich strandfertig.
Als es uns reicht, kehren wir zurück zu den letzten Kilometern Küste am offenen Meer entlang, die wir auf unserer Reise zurücklegen. Der Atlanterhavsveien führt noch eine kurze Strecke südwestlich nach Bud. Unterwegs gibt es noch zwei ausgewiesene Rastpunkte, Askevågen und Kjeksa, die beide ok sind, uns aber nicht wirklich vom Hocker hauen – zu flach hier. 😉
In Bud biegen wir dann Richtung Westen ein. Es geht in Richtung Landesinneres. Das Meer bleibt uns aber noch sehr lange in Form von Fjorden erhalten, die rund 150 km weit ins Land hineinreichen. Wieder befahren wir eindrucksvolle Brücken und Wasseruntertunnelungen. Und plötzlich kommentiert Rainer mit vollem Recht:
„Da sagt mir meine Frau nichts, und ich wäre fast ins Wasser gefahren – wenn die Fähre jetzt nicht grad da gestanden wäre… :D“
Von Solsnes nach Åfarnes ging die Fährstrecke in diesem Fall. 🙂
Wir erreichen zügig Andalsnes. Hier war eigentlich eine ganztägige Wanderung auf den Romsdalseggen geplant gewesen. In der Broschüre, die es eigens für diesen Weg gibt, heißt es etwas großspurig:
Norway’s most beautiful hike
und
Are you planning on doing just one hike in your life? This is the one!
Mit Rainers lädiertem Fuß ist an diese 5-8-stündige Tour mit fast 1000 Höhenmetern und einem wohl ziemlich heftigen Abstieg am Ende aber gar nicht zu denken. Normalerweise fährt ein Wanderbus die Laufwilligen morgens an den Startpunkt. Klar könnte das für mich auch mein persönlicher Wanderbus jetzt am frühen Nachmittag erledigen, aber dann sitzen die anderen beiden stundenlang blöd fest, bis ich wieder runterkomme. Das will ich nicht. Auch diesen bestimmt sehr schönen Grat müssen wir uns also für unseren nächsten Besuch aufheben.
Im Nachhinein bin ich froh, mich zu diesem Verzicht durchgerungen zu haben, denn für die weiteren Stationen des Nachmittags brauchen wir (bzw. nehmen wir uns) dann viel, viel mehr Zeit als ursprünglich geplant und erleben einen wirklich tollen Tag mit fantastischen landschaftlichen Eindrücken. Haltet euch also fest, es gibt heute noch eine ziemliche Bilderflut!
Wir lassen Andalsnes also links liegen. Kurz danach geht es rechts über eine Brücke, wo wir einen Campingplatz in wirklich spektakulärer Lage erspähen (Soggebrua Camping), wenn auch direkt an der Straße gelegen. Jetzt ist ja nicht viel los, aber in der Hochsaison??
Es geht das Isterdalen hoch, das Tal wird immer schmaler.

Eine erste Serpentine, und dann stehen wir an einem Parkplatz, von dem aus es einen ersten eindrucksvollen Blick auf den „Trollstigen“ („Trollleiter“) gibt, eine völlig zu Recht berühmte Passstraße, welche sich am Talschluss in 11 irren Schlingen mit bis zu 12 % Steigung den Berg hinauf arbeitet. Vorerst können wir nur den linken Teil erkennen. Offenbar überquert die Straße dann hinten im Tal nach rechts einen tosenden Wasserfall und setzt ihre Serpentinen dann auf der rechten Hangseite fort, die wir von hier aus noch nicht richtig einsehen können.
Mich selbst lockt der Pfad, der am Parkplatz beginnt und zunächst hinunterführt zum Fluß Rauma, der uns schon den ganzen Weg das Tal hinauf so einladend begleitet hat. Ich will einmal direkt ans Wasser, und es lohnt sich:
Das findet offenbar auch eine Gruppe junger Leute, die mit mir zum Fluss abgestiegen ist. Denn einer davon entledigt sich, kaum hab ich mich umgedreht, aller Kleider und hüpft komplett vom Scheitel bis zur Sohle ins garantiert eiskalte Wasser! 😮
Dies ist kein Beweisbild. Wassertemperatur bitte dazu denken.

Das kleine Brückchen da unten ist jedenfalls wirklich nett, und man könnte hier zu verschiedenen Wanderungen starten.
Zurück am Parkplatz beginnen wir unseren Anstieg (mit dem Auto 😉 ). Zunächst queren wir den linken Wasserfall, der hier eher schmächtig wirkt, live aber ob der gewaltigen Fallhöhe auch schon sehr beeindruckend daher kommt:
Dankenswerterweise hält sich der Verkehr sehr in Grenzen, so dass es immer wieder die Möglichkeit gibt unterwegs kurz rechts ranzufahren, obwohl die Straße streckenweise enorm eng ist. Ich mag mir aber gar nicht vorstellen, was hier z.B. Anfang August los gewesen sein muss. Da gibt’s garantiert Staus, weil Camper oder Busse nicht um die Kurven kommen, ohne die Gegenfahrbahn mit zu nutzen.
Einen ersten Stop legen wir „hinten im Loch“ am rechten Wasserfall, dem Stigfossen, ein, der von der Straße überquert wird. Auch hier kommt mächtig was runter.
Von hier aus haben wir einen ersten Überblick über den bisherigen Straßenverlauf am linken Hang.
Dann erreichen wir oben die Kuppe und fahren zu auf ein flaches Gebäude mit vorgelagertem Wasserspiel, das sich in die Geländemulde duckt. Das ist wohl das Besucherzentrum mit Café. Es sind hier schon einige Busse unterwegs, darunter viele Ausflugsfahrzeuge der Kreuzfahrtschiffe, welche (wie die Hurtigruten) in Geiranger am gleichnamigen Fjord anlegen und von dort aus ihre Gäste in der Gegend herumkarren (dazu morgen mehr). Sprich, das Café braucht und hat entsprechend üppige Kapazitäten, zumal der Trollstigen inzwischen wohl zu den am meisten besuchten Attraktionen Norwegens zählt.
Dafür, wie groß es ist, finde ich, wurde das Café mit bemerkenswertem Geschick ins Gelände gesetzt. Es bietet einen gelungenen architektonischen Akzent, fügt sich zugleich aber überaus harmonisch in die Landschaft ein.

Wie hab ich eben so treffend gelesen?
„Der Trollstigen gehört aufgrund der schmalen Fahrspur, der starken Steigungen und des zeitweise sehr hohen Fahrzeugaufkommens sicher zu den anspruchvollsten Straßenabschnitten Norwegens. Fahranfänger könnten mit den Herausforderungen der Strecke möglicherweise überfordert sein, insbesondere bei der Abfahrt. Unvermittelte Bremsmanöver von unsicheren Autofahrern, insbesondere vor Engpässen, und Bremsmanöver von Fahrern, die bei der Überfahrt über die Stigfossen-Brücke lieber den Wasserfall als die Straße betrachten, sind nicht ungewöhnlich, sondern Normalität.
Wer die Fahrt den Trollstigen hinauf oder hinab und die spektakuläre Landschaft rundherum genießen möchte, sollte nicht Fahrer des jeweiligen Kraftfahrzeuges sein, sondern Beifahrer! Als Fahrer ist man an den meisten Stellen mit der Strecke ausreichend beschäftigt und hat wenig Möglichkeiten, Ausblicke zu genießen. Anhalten sollte man vermeiden, nachfolgende Autofahrer können nicht passieren oder werden zu äußerst riskanten Überholmanövern gezwungen.“
Nun, wir sind ja heil oben angekommen 😎 und wenden uns jetzt dem Steg zu, der zum Aussichtspunkt hoch über dem Tal führt, den ich von der Stigfossen-Brücke aus schon erspäht hatte. Eine erste Plattform gibt es gleich oben an der Abbruchkante, wo wir hoch kamen.

Überhaupt bin ich schwer beeindruckt davon, wie die Norweger den Trollstigen und die grandiose Landschaft, in welcher er sich befindet, durch das Café und diesen Aussichtssteg zum einen für die Menschen zugänglich und erfahrbar gemacht haben und zum anderen großartig in Szene setzen, ohne dass die Architektur stört. So jedenfalls erlebe ich es. Offensichtlich können die Norweger nicht nur Tunnels und Brücken… 😛
Nach ausgiebigem Genuss dieses tollen Platzes kehren wir zurück zum Auto. Die Landschaftsroute „Trollstigen/Geiranger“ hat ja, wie der Name schon sagt, noch einen zweiten Schwerpunkt. In Richtung Geiranger bewegen wir uns nun weiter.
Zunächst führt die weiterhin spektakuläre Straße noch ein Stückchen weiter hoch bis kurz vor dem eigentlichen Pass. Da muss ich gleich wieder aussteigen, denn das Licht ist grad einfach Bombe. Eine Landschaft wie gemalt…

Wenig später fühlen wir uns schon wieder genötigt anzuhalten. Diesen Platz hatte ich gar nicht auf dem Schirm… Wie ich nachlese, heißt er „Øvstestølen“ (N62° 23.092 E7° 34.755). Linkerhand steht eine Gruppe sehr uriger alter Grasdachhäuser.
Aber wir wollen ja eigentlich weiter. Der nächste geplante Stop ist beim „Gudbrandsjuvet“. Hier hat sich die Valldøla durch eine Serie von Engstellen 20 – 25 m hinunter in den Fels eingegraben und ein paar sehenswerte tief blau-grüne Kessel gebildet.
Sehr schick! Und wieder haben sich die Norweger mit der Weggestaltung was einfallen lassen. Hier ein paar Impressionen vom durchaus exotischen Zugang:
Als wir uns hier sattgesehen haben, kommt doch tatsächlich auf unserem Weg durch das Valldalen keine Stelle mehr, an der wir meinen anhalten zu müssen…
Den nächsten Stop beschert uns erst wieder die kurze Fähre, die von Linge nach Eisdal übersetzt. Der Fährhafen Linge liegt an einer Stelle, wo es eigentlich absolut keinen Platz gibt, so dass die Straße schon ein ganzes Stück vor der Wartezone anfängt abbiegewillige Autos (und Busse und Wohnmobile etc.) entsprechend zu kanalisieren. Heute hält sich ja wie gesagt alles sehr im Rahmen, aber die Notwendigkeit hier eine solche Infrastruktur zu schaffen, lässt tief blicken auf die Verhältnisse zur Hochsaison.
Der Fährhafen selbst, „Linge fergekai“, setzt mit einem schönen Holzwarteraum mal wieder ein baulichen Akzent – aber gib Gas, liebe Fotografin, die Fähre sperrt bereits ihr Maul auf! Anders als weiter im Norden fahren die Fähren hier im 20-Minuten-Takt, so dass nie große Wartezeiten entstehen.
Am Südufer des Storfjorden angekommen erklimmen wir dann erneut einen Pass. Schnell und dieses Mal ziemlich geradlinig sind wir oben angekommen, und kurz nach der höchsten Stelle erreichen wir den Aussichtspunkt oberhalb des Serpentinenabstiegs Ørnesvingen („Adlerflügel“), von dem aus wir den Geiranger-Fjord einsehen können.

Oben an der Straße, wo die Parkplätze für den Aussichtspunkt sind, kommt ein kleiner Wasserfall runter. Der wird an der Straße entlang geleitet und fällt dann direkt seitlich des Aussichtspunkts über eine Art Blechflachdach ins Tal. Auf der Bergseite des Parkplatzes haben sie eine kleine Plattform direkt am Wasser gebaut. Wozu mag die wohl dienen??

Zweifelsohne genau dazu. 😀
Zur Ehrenrettung des jungen Mannes muss man allerdings hinzufügen, dass er in der Szene direkt vor diesem Foto selbst komplett untergetaucht ist. 😎
Vom Aussichtspunkt führt (mal wieder) ein kleiner Pfad weg in Richtung eines anderen Wasserfalls. Elias und ich erkunden ihn noch ein Stück, Rainer kommt langsamer hinterher, denn dieser Weg ist nicht wie der am Trollstigen fußlahmfreundlich ausgebaut.

Die Sonne erleuchtet das wild umherstäubende Wasser, dass es eine wahre Pracht ist.
In den paar Minuten, als ich diese Bilder fotografiert habe, muss wohl leider Rainer oberhalb der Wiese durchgegangen sein, ohne uns zu bemerken. Fest steht, als wir zum Parkplatz zurück kommen, ist er nirgendwo zu sehen. Ich dachte eigentlich, er sei hinter uns gewesen und wir hätten ihm auf dem Rückweg begegnen müssen!
Aber nach ein paar unruhigen Minuten, als ich mich gerade auf den Weg machen will, um meinen Mann zu suchen, taucht er zum Glück doch wohlbehalten (wenn auch humpelnd) wieder auf.
Der Fjord ist inzwischen richtig dunkel. Kein einladender Ort, eigentlich…

Wir fahren die Serpentinen runter zum Wasser, durchqueren dann den kleinen, aber intensiv kreuzfahrtschiffgastinfrastrukturverseuchten Ort Geiranger (ein Hoch auf die deutsche Sprache! 😀 ) und suchen uns gleich oberhalb der Kernzone des Ortes ein Plätzchen auf einem Campingplatz. Bei „Vinje Camping“ gibt es wenig topfebene Plätze, aber gutes WLAN und direkt am Platz einen Wasserfall, der einen wahren Höllenlärm verbreitet.
Mittendrin statt nur dabei halt… 😀 Na, für eine Nacht passt das schon.
Fahrtübersicht Tag 20:
Hustadvika Gjestegård – Rest Atlanterhavsveien bis Bud – Fähre Solsnes/Åfarnes – Andalsnes – Trollstigen – Gudbrandsjuvet – Fähre Linge/Eisdal – Geiranger, 195 km, reine Fahrtzeit: ca. 4 1/2 h, aber wir haben uns unterwegs aus gutem Grund echt viel Zeit gelassen und einen ganzen Tag gebraucht, weil vor allem der Trollstigen-Teil der Landschaftsroute so schön war!

Kommentar? Da bleibt einem doch die Sprache weg!!!!
Ich glaube, bei diesen Eindrücken kommt ihr nie wieder nach Hause …..
Danke, ihr Lieben. 🙂
Den Trollstigen würde ich auch mal gern hochfahren. Das ist ja wieder sehr krass! Traumhaft – so was gefällt mir.
Ja, das war echt ein Highlight. Aber auch so die ganze Gegend da.
Wenn du mal da hochfahren willst, musst du aber in den Sommermonaten kommen. 🙂